Kurz vor der Amtsübergabe hat Präsident Obama die Sanktionen gegen Russland verlängert, um Hackerangriffe während des US-Wahlkampfes zu bestrafen.
Nur wenige Themen polarisieren den öffentlichen Diskurs in Deutschland so sehr wie die Beziehungen der USA und EU zu Russland. Insbesondere das Auftreten Russlands in der Ukraine-Krise und dem Syrien-Konflikt stehen stellvertretend für diese Spaltung der öffentlichen Meinung. Die einen halten Russland für eine aggressive und undemokratische Gefahr, der man Einhalt gebieten muss. Andere machen den Westen bzw. die NATO für die Probleme verantwortlich und plädieren für eine Aufhebung der Sanktionen und eine Entspannung des Verhältnisses zu Russland.
Trotz neuer Sanktionen bleibt der Kreml gelassen
Nachdem der scheidende US-Präsident Obama im Dezember letzten Jahres Russland für Hackerangriffe und Manipulation der US-Präsidentenwahl verantwortlich gemacht, als Antwort hierauf Sanktionen gegen Russland erlassen hatte und daraufhin vom designierten Präsidenten Trump heftig kritisiert wurde, ist die Debatte um den Nutzen von Sanktionen gegenüber Russland nun wieder neu entbrannt. Sechs Tage vor der Amtsübergabe an Donald Trump hat Präsident Obama die im Zuge der Ukraine-Krise verhängten Sanktionen gegenüber Russland jetzt auch noch um ein weiteres Jahr verlängert.
Auch der zukünftige Präsident Trump, der Vorwürfe der Kollaboration mit Russland vehement verneint hat, hält inzwischen einen Hackerangriff seitens Russlands für möglich und hat sich dazu bereit erklärt, nach gründlicher Prüfung die Sanktionen gegebenenfalls aufrecht zu erhalten. Gleichzeitig kündigte er nun aber seine Bereitschaft an, die Sanktionen fallen zu lassen, sofern Russland bei strategischen Fragen – etwa dem Anti-Terror-Kampf – mit den USA kooperiert.
Trump hat in der Vergangenheit immer wieder betont, dass eine gute Beziehung und die Vermeidung gegenseitiger Konflikte im Interesse beider Nationen sei, was ihn insbesondere bei Befürwortern eines Entspannungskurses beliebt macht.
Dass diese Bereitschaft zur Kooperation allerdings nicht grenzen- oder bedingungslos ist, zeigten zuletzt die Anhörungen der designierten Mitglieder des Kabinetts Trump. James Mattis, designierter Verteidigungsminister, und Mike Pompeo, designierter CIA-Direktor, äußerten sich dort deutlich kritischer gegenüber Russland als man es von Trump gewohnt ist.
Der Kreml hält bisher dennoch an seiner Aussage fest, keine weiteren Gegensanktionen zu verhängen, sondern erst einmal abzuwarten, wie sich das Verhältnis der beiden Länder nach dem Amtsantritt Trumps entwickelt. Zuletzt hat Russland erklärt, die USA zu Friedensgesprächen in Syrien einladen zu wollen. Das Treffen soll am 23. Januar und somit nach Trumps Amtsantritt stattfinden.
Weitere Sanktionen könnten die Fronten verhärten – und die Falschen treffen
Einem solchen Entspannungskurs entgegen stehen natürlich Sanktionen jedweder Form. Mit ihnen verfolgte der Westen bisher einen Ansatz, Russland mit Gewalt zum Einlenken zu bewegen. Doch bringen diese Sanktionen überhaupt etwas? Kritiker verweisen auf die Gefahr einer Solidarisierung nicht nur der betroffenen russischen Eliten mit Putin. Die wirtschaftlichen Sanktionen würden vornehmlich die normale Bevölkerung treffen, diese so ebenfalls mit Putin solidarisieren und aus Russland eine noch mehr anti-westliches Land machen. Und in der Tat sind die wirtschaftlichen Auswirkungen auf Russland enorm: Laut der russischen Economic Expert Group (EEG) betrug der Verlust durch finanzielle Sanktionen für Russland im Zeitraum von 2014-2017 mindestens 170 Milliarden USD mit einer Kapitalflucht von bis zu 280 Milliarden USD. Gegen wen sich der Zorn der russischen Bevölkerung bei aufrecht erhaltenen Sanktionen langfristig richtigen wird, bleibt abzuwarten.
Aber nicht nur Russland ist hart getroffen worden. Dem Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) in Wien zufolge haben die EU-Sanktionen gegenüber Russland sowie dessen Gegensanktionen allein im Jahr 2015 EU-weit einen Verlust von 400.000 Arbeitsplätzen und einen volkswirtschaftlichen Schaden von 17,6 Milliarden Euro verursacht.
Der jetzige Kurs hat sich bisher jedenfalls nicht ausgezahlt.
Diesen wirtschaftlichen Schäden steht darüber hinaus die Gefahr gegenüber, dass sich die Fronten zwischen Russland und der NATO weiter verhärten und es sogar zu einer Art neuem kalten Krieg kommen könnte. Insbesondere die von westlichen Geheimdiensten gemeldeten Cyberattacken stellen ein schwer abzuschätzendes Hindernis für eine Verbesserung der Beziehungen dar. Viele NATO-Staaten berichten von solchen Attacken gegen ihre Netzwerke und weisen die Schuld Russland zu. Während die NATO hier unter Hochdruck an Gegenstrategien arbeitet, könnten sich die Fronten leicht verhärten.
Ob Trumps Ansatz eines Verhältnisses auf Augenhöhe letztendlich funktioniert und die Obama-Administration Lügen straft, kann nur die Zukunft zeigen. Es wird wohl vor allem auch davon abhängen, wie Russland sich in Zukunft geben wird.